Infineon ist nominiert für den Deutschen Zukunftspreis 2015
Drei Projekte aus insgesamt 24 vorgeschlagenen Projekten wurden nominiert. Eine Jury aus unabhängigen Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft wählt die Nominierten und die Gewinner.
Schon die Nominierung gilt als große Auszeichnung für Technologie und Innovation in Deutschland. Unser Team für Hochfrequenz-Radarchips ist unter den drei nominierten Teams.
Autofahren ist immer sicherer geworden – und mit Radartechnologie gelingt der nächste Schritt. Bereits in den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Unfälle mit schwer verletzten oder tödlich verunglücktenVerkehrsteilnehmerndeutlich gesunken. Diese Entwicklung begann mit der Einführung von passiven Sicherheitssystemen wie ABS (1978), Airbag (1980) und Seitenairbag (1996). Aktive Sicherheitssysteme ermöglichen derzeit die nächste Entwicklungsstufe. Sie warnen den Fahrer oder greifen aktiv in das Fahrgeschehen ein. So können sie Unfälle verhindern oder ihre Auswirkungendeutlich reduzieren. Beispiele für aktive Sicherheitssysteme sind Fußgängererkennung, Abstandswarnung oderauch Totwinkel-Assistent. Viele dieser aktivenSicherheitssysteme funktionieren mit Radartechnologie: Chips, die elektromagnetische Wellen von sehr hoher Frequenz senden und empfangen können. Im Vergleich zu anderen, z.B. kamerabasierten Techniken für Fahrerassistenz arbeitet das Radar in jeder Situation zuverlässig – auch bei schwierigen Sichtverhältnissen wie Schnee, Nebel, Starkregen und blendendem Gegenlicht.
Für Fahrerassistenzsysteme sind Kamera und Radar die Systeme der Zukunft. Auch auf Grund der Komplexität in der Sensorfusion wird es wohl darauf hinauslaufen, Radar- und Bildsignale zu kombinieren, weil sich so praktisch alle kritischen Fahrsituationen abdecken lassen.
1998 führt Mercedes Benz erstmals ein Abstandsradar in der S-Klasse ein. Die Kosten für die Herstellung der benötigten Hochfrequenz-Komponenten sind zu dieser Zeit extrem hoch. Das Material für die dafür benötigten Halbleiter ist teuer und schwer zu verarbeiten. Die Radartechnologie ist zunächst nur Premium-Fahrzeugen vorbehalten. Infineon ist schon damals von dem großen Nutzen für die aktive Sicherheit überzeugt und forscht über Jahre an neuen Lösungen, um die Grenzen der bis dahin verwendeten Technologie zu überwinden. Mit zwei Innovationen gelingt schließlich der Durchbruch: die Fertigung der Sensoren in Siliziumgermaniumtechnologie (SiGe) und die Verwendung einer neuen Gehäusetechnologie (eWLB). Die neuen Radarsysteme werden mithilfe dieser neuen Verfahren für alle Autofahrer bezahlbar. Was bisher nur Fahrern von Premium-Fahrzeugen vorbehalten war, dringt damit in alle Fahrzeugklassen vor: aktive Sicherheit zur Vermeidung von Unfällen. Notbremsassistenten gehören inzwischen auch in Kleinwagen zu einem geringen Aufpreis zur Ausstattung – sie kosten weniger als eine Metallic-Lackierung.
Radar funktioniert auf Grundlage hochfrequenter elektromagnetischer Schwingungen im Bereich von Millimeterwellen. Die 77 Gigahertz (GHz) Radartechnologie verarbeitet 77 Milliarden Schwingungen pro Sekunde, also über als 30-mal mehr als bei den höchsten im Mobilfunk verwendeten Frequenzen. Bis 2009 konnten nur Halbleiter auf Basis des Materials Galliumarsenid (GaAs) diese hohen Frequenzen verarbeiten. Im Vergleich zu Chips auf Siliziumbasis ist die Herstellung dieser Halbleiter bei weitem nicht so ausgereift und daher teurer. Ein weiterer Nachteil ist der niedrige Integrationsgrad, also die Fähigkeit, immer mehr Funktionen auf einer gleichbleibenden Chipfläche zu bündeln. Nach mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist es Infineon 2009 als weltweit erstem Unternehmen gelungen, hochintegrierte Schaltkreise für diesen Frequenzbereich zu entwickeln, die auf Silizium und Siliziumgermanium (SiGe) basieren – den für die Halbleiterfertigung am häufigsten verwendeten Materialien. Das ermöglichte den Einsatz von erprobten Standardverfahren für die Massenfertigung, wie sie etwa bei der Herstellung von Massenprodukten wie Speicher-, Logik- und Mikroprozessorbausteinen eingesetzt werden. Dem Team von Infineon gelang es außerdem, eine Vielzahl von Funktionen im Radarmodul, für die vorher bis zu acht GaAs-Chips benötigt wurden auf nur noch maximal zwei SiGe-Bauteilen zusammenzufassen. Dieser Technologiesprung war der erste Schritt in den Massenmarkt.
Der nächste, entscheidende Durchbruch gelang mit der Idee, eine Technologie aus dem Mobilfunk für das Autoradar einzusetzen: eWLB (embedded Wafer-Level Ball Grid Array). In der Branche wurde zunächst bezweifelt, ob die eWLB-Technologie die in der Automobilindustrie üblichen hohen Anforderungen an Zuverlässigkeit erfüllen kann. Das Infineon-Team war überzeugt von der Idee und forschte hartnäckig weiter, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. In enger Zusammenarbeit mit dem Kunden Bosch wurde schließlich eine Lösung gefunden. Infineon liefert inzwischen nicht mehr den „nackten Chip“, sondern verpackt diesen in ein robustes Gehäuse. Der Nutzen für den Kunden: das Bauteil ist für die Anforderungen im Hochfrequenzbereich bestens geeignet und kann mit Standardprozessen kostengünstig weiterverarbeitet werden. Das bedeutet maximale Leistung bei minimalen Gesamtkosten.
Die Weiterentwicklung der SiGe- und eWLB-Technologie für Radarsysteme hat Infineon einen deutlichen Wettbewerbsvorspung gegenüber der Konkurrenz in den USA und Asien von zwei bis drei Jahren verschafft. Die Forschung und Entwicklung für diese Technologien ist in München, Regensburg, Linz und Dresden angesiedelt. Hergestellt werden die Radarsysteme komplett in Deutschland: Alle Prozess-Schritte von der Chip-Fertigung bis zur Verarbeitung im Gehäuse erfolgen in Infineon-Werken in Regensburg und Dresden. Hier gelingt es, die notwendige Qualität für Sicherheitssysteme im Auto zu gewährleisten und gleichzeitig die Kosten mithilfe innovativer Fertigungsverfahren möglichst gering zu halten.
Mit der SiGe und eWLB-Technologie haben Radarsysteme den Durchbruch vom Premium-Segment in den Massenmarkt geschafft. Weltweit steigt die Nachfrage: Der Markt der 77GHz-Radarsysteme ist von einer halben Million im Jahr 2009 auf circa 7 Millionen im Jahr 2015 gewachsen, 2020 erwarten Marktforscher einen Bedarf von 19 Millionen Stück.
Radarsysteme machen Autos immer sicherer und effizienter. Der nächste Schritt nach dem assistierten Fahren ist die Weiterentwicklung zum autonomen Fahren – auch hier nehmen Radarsysteme eine entscheidende Rolle ein. Im Januar 2015 legte ein Audi A7 die Überlandstrecke zwischen San Francisco und Las Vegas weitgehend fahrerlos zurück. 150 selbstfahrende Google-Cars sind heute schon unterwegs, um praktische Erfahrungen zu machen. Mit Radartechnik aus Deutschland.
Letzte Aktualisierung: November 2016